C.1 Kuschitisch im Kontakt |
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Kuschitische Sprachen im Kontakt mit Gurage-Sprachen (Südäthiosemitisch) Im Mittelpunkt des Projektes steht die bereits in der letzten
Antragsphase begonnene Forschung zu einem ausgewählten
Sprachkontaktgebiet in Äthiopien. Dieses Gebiet, das sich südlich von
Addis Abeba befindet, zeichnet sich durch große linguistische Vielfalt
aus. Zu den Sprachen, die in diesem Gebiet gesprochen werden, gehören
die äthiosemitischen Guragesprachen, Hochland-Ostkuschitische sowie
omotische Sprachen. Daneben übt das Amharische als überregionale
Verkehrssprache ebenfalls Einfluss auf die in diesem Gebiet
gesprochenen Sprachen aus. Die soziolinguistische Situation lässt sich
folgendermaßen beschreiben. Die meisten Bewohner dieses Gebietes sind
überwiegend mindestens zweisprachig, d.h. sie sprechen neben Ihrer
Erstsprache meist auch Amharisch, das sie zum Teil erst in der Schule
erlernen oder eine andere Sprache, die in ihrer unmittelbaren Umgebung
gesprochen wird. Viele Menschen sind als multilingual zu bezeichenen.
Sie sprechen neben ihrer Muttersprache sowie Amharisch weitere
Sprachen, wie z.B. regionale Verkehrssprachen und/oder weitere in der
jeweiligen Umgebung gesprochene Sprachen.
Ziel des Projektes ist erstens, die Datenlage zu ausgewählten Sprachen
zu verbessern, um zweitens die kontaktinduzierten sprachlichen
Strukturen, die dieses Kontaktgebiet kennzeichnen, herauszuarbeiten.
Dazu sollen Daten aus den Hochland-Ostkuschitischen Sprachen K´abeena
und Libido (Maräqo) erhoben werden. Die gewonnenen Daten werden dann
zusammen mit den von den Mitarbeitern des Teilprojekts C.3 (
insbesondere Arbeitsgruppe A) erhobenen Daten zu äthiosemitischen
Guragesprachen verglichen, um genauere Kenntnis über mögliche
Kontaktphänomene zu erhalten.
Die beiden Sprachen K´abeena und Libido wurden ausgewählt, da sie zu
unterschiedlichen Zweigen des Hochland-Ostkuschitischen gehören.
K´abeena gehört zu der Gruppe der Kambaata-Sprachen, Libido zur Gruppe
der Hadiyya-Sprachen. Gemeinsam ist beiden Sprachen, dass sie vom Rest
der Kambaata- und Hadiyya-Sprachen geographisch isoliert sind. K´abeena
wird am nordwestlichen Rand des Guragegebiets in der Nähe der Stadt
Wolk´ite gesprochen, Libido am östlichen Rand des Guragegebiets östlich
der Stadt Butajira. Die übrigen Kambaata-Sprachen Alaba, Kambaata und
T´imbaaro sowie Hadiyya werden in einem zusammenhängenden Gebiet
südlich des Guragegebiets gesprochen. K´abeena steht mit den
äthiosemitischen Sprachen Chaha/Ezha, Wolane und in einem geringeren
Ausmaß mit Muher in Kontakt, Libido mit den äthiosemitischen Sprachen
Dobbi, Kistane (Soddo), Masqän und Silti. In beiden Fällen ist das
Amharische als überregionale Verkehrssprache in die Betrachtungen
einzubeziehen. Libido steht darüberhinaus vermutlich mit dem zum
Tiefland-Ostkuschitischen gehörenden Oromo in Kontakt, wie dies auch
für das K´abeena anzunehmen ist. Aufgrund der isolierten Lage des
K´abeena und des Libido kann man annehmen, dass sie stärkerem Einfluss
der benachbarten Guragesprachen unterlegen haben und unterliegen als
die anderen Sprachen der Kambaata- und der Hadiyya-Gruppe, die zum Teil
nicht mit Guragesprachen in Kontakt stehen.
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